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Psychologischerclub
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100 Jahre Ortsgeschichte

Der Club, sein Quartier und seine Stadt

Dr. Helmut von Schach

Das Clubhaus an der Gemeindestrasse 27 im Quartier Hottingen in Zürich hat als ehemalige Wirkungsstätte von C. G. Jung eine besondere Ausstrahlung: Es birgt den genius loci von C.G. Jung und vermittelt durch seine mehr als hundertjährige Geschichte der Entwicklung der Analytischen Psychologie den Geist und das Gedankengut der Gründerfiguren. Das Haus bietet eine geistige Heimat für forschende und praktizierende Analytiker und ist gleichzeitig eingebettet in die internationale Gemeinschaft.

© H.R. Rumpke 1971


Die damaligen Diskussionsabende des „Psychoanalytischen Vereins“ fanden 1913 im Restaurant Seidenhof statt. Am 11. Februar 1916 traf man sich aber zum ersten Mal unter dem neuen Namen „Verein für analytische Psychologie“ in der von Edith McCormick-Rockefeller zur Verfügung gestellten herrschaftlichen Villa an der Löwenstraße 1. Nur zwei Wochen später, am 26. Februar 1916, wurde der Psychologische Club offiziell gegründet und Emma Jung zu dessen ersten Präsidentin gewählt. Gut ein Jahr später musste dieses Haus an der Löwenstrasse wieder verlassen werden. Im Januar 1918 wurde an einer Mitgliederversammlung dann der Ankauf des neuen, nun endgültigen Domizils an der Gemeindestrasse 27 beschlossen, was wiederum durch die grosszügige Unterstützung von Edith McCormick-Rockefeller möglich war.

Das neue Clubhaus ist eine stattliche, neugotische Villa, gebaut 1897/98. Sie wurde von Professor Lasius, einem Schüler des grossen Architekten Gottfried Semper, für den Stadtarzt Hermann Schulthess entworfen, und ist auch heute noch aussergewöhnlich. Die Architektur des Hauses weckt Assoziationen an die mittelalterliche Stadt, an handwerkliche Tradition und demokratische Gepflogenheit, welche damals als Inbegriff bürgerlichen Lebens, blühenden Handwerks und festgefügter Ordnung galten (nachzulesen im Protokoll des Stadtrates von Zürich vom 21. Juni 1989). Das Haus steht seit 1989 unter Denkmalschutz. Ein grosser Erker und drei quergestellte Giebel vermitteln einen herrschaftlichen Eindruck. Das Haus umfasst die Räumlichkeiten des Clubs mit der Bibliothek und deren wertvollem Bestand, zwei geräumige Wohnungen mit dekorativen Decken und Holzarbeiten, eine Dachwohnung sowie mehrere Praxisräume.

Der neugotische Entwurf scheint besonders geeignet für den Club. Betont nicht gerade die Neugotik als auslaufender Baustil des Historizismus die Wiederentdeckung der Vergangenheit in der Tiefe der Geschichte ähnlich dem Ansatz der Tiefenpsychologie?

Seit 2011 gehört das Haus der vor allem aus steuerrechtlichen Gründen ins Leben gerufenen Stiftung Psychologischer Club Zürich.

WAPPEN des QUARTIERS HOTTINGEN 
Erstmals urkundlich erwähnt wird Hottingen im Jahr 946 als Hottinga.
 

Das Quartier Hottingen, in welchem das Clubhaus liegt, ist in sich einzigartig: Das Quartier wurde 1893 der Stadt Zürich eingemeindet und feierte 1946 sein 1000-jähriges Bestehen. Es ist geprägt von seiner Lage am Adlisberg, einem alten Weinbaugebiet, und einer ehrwürdigen Gemeinschaft von Bauern, Kleinhandwerkern und Heimarbeitern. Ein inspirierendes Wappen zeigt ein grünes, vierblättriges Kleeblatt auf rotem Feld, womit es an traditionelle Schweizer Werte erinnert wie Geborgenheit und Bodenständigkeit.

1882 wurde hier der schon bald zur Berühmtheit sich entwickelnde Lesezirkel gegründet „zum Studium des politischen, sozialen, wissenschaftlichen und künstlerischen Lebens der Gegenwart“. Hugo von Hofmannsthal las hier, so wie Rainer Maria Rilke, Gerhart Hauptmann, Hermann Hesse, Rudolf Schröder, Karl Kraus, Thomas Mann und viele andere. Auch C. G. Jung hat dort des Öftern vorgetragen.

So war und ist das Clubgebäude ein respektabler Bestandteil im Kulturspektrum Hottingens; würdig eingereiht in die Kette der damaligen Stadtbauten wie zum Beispiel dem Schauspielhaus mit seinem Kuppelbau und der Bühne (1882 gebaut), der 1905 im Klassizismus und Jugendstil erbauten Kreuzkirche, dem ehemaligen Coninx-Museum zur Evolutions- und Kulturgeschichte, dem historisierenden, im Schweizer Holzbaustil erbauten Dolder Grand Hotel aus dem Jahre 1899 oder der Bircher-Benner-Klinik.

Auch die Lage im Herzen von Zürich ist bemerkenswert: der Zürichsee in Laufweite; der Hauptbahnhof dank dem effizienten Zürcher Verkehrssystem in nur 10 Minuten erreichbar; das Jung-Archiv an der ETH ganz in der Nähe; der lebendige Geist der geschichtsträchtigen Altstadt spürbar; täglich die Symphonien des abendlichen Kirchengeläuts von einer Vielfalt von Kirchen und Konfessionen; Kulturangebote im nahe gelegenen Kunsthaus oder dem Stadttheater; das alles ist besonders für die weit her gereisten, studierenden oder praktizierenden Jungianer bereichernd. Auch für sie möchte der Psychologische Club Zürich eine geistige Heimat sein.

So steht nun das geschichtsträchtige Clubhaus nicht nur seit über hundert Jahren auf einem zeitgeprüften, soliden Fundament, sondern kann gleichermassen auch als ein materielles Fundament der Analytischen Psychologie gesehen werden. Das Haus steht aber ebenso in einer lebendigen Beziehung zur Stadt Zürich, zur Zürcher Umwelt und seinem Quartier Hottingen. Das Wichtigste jedoch ist, dass im Haus der Geist von C.G. Jung und seiner Analytischen Psychologie eine lebendige Beziehung zu allen Besuchern pflegt und erhält. Das ist die Bestimmung des Clubs.

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