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Veranstaltungen

Die Veranstaltungen sind öffentlich. Sie sind ohne Anmeldung herzlich willkommen.

Ort: Vortragssaal, Gemeindestrasse 27, 8032 Zürich.
Dauer: Die Vorträge dauern etwa 1¼ bis 1½ Stunden, anschliessend folgt meist eine Diskussion.

Auch die Zoom-Übertragungen der Vorträge sind öffentlich.

Für die Teilnahme per Zoom müssen Sie sich folgendermassen anmelden: Klicken Sie in der untenstehenden Programmübersicht auf die entsprechende Veranstaltung und dort, zuunterst, auf ‘Tickets…’. Sobald Sie das Ticket bezahlt haben, erhalten Sie ein E-mail mit dem Zoom-Link. 

Eine Anmeldung ist erst 14 Tage vor der jeweiligen Veranstaltung möglich. 
Der Eintrittspreis vor Ort ist derselbe wie für Teilnahme per Zoom.

(Mitglieder und stat. Gäste müssen sich nicht anmelden; neu erhalten sie den Zoom-Link immer ohne Anmeldung per E-mail zugestellt.)

PROGRAMMÜBERSICHT
 


Portrait of Wolfram von Eschenbach from the Codex Manesse, c. 1300.

 
  

This talk explores Wolfram von Eschenbach’s Parzival as a profound symbolic narrative of psychological and spiritual transformation. We examine how the Grail quest — far from being an irrelevant medieval legend — speaks directly to our divided modern world and to the deeper psychic tension between opposites within the human soul.

To understand the meaning of the Grail myth, we must understand its historical context. The myth arose at a time when the feminine element was being rediscovered, revalued, and reintegrated — not only in religion, but in the inner life of the individual soul. In the 12th and 13th centuries, Western Christendom was undergoing a profound inner crisis. The institutional Church had become increasingly masculine, hierarchical, rationalistic, and power-driven — focused on dogma, conquest, and control. Yet at the same time, a powerful counter-movement was arising, both socially and symbolically. This included the emergence of courtly love, the cult of the Virgin Mary, the troubadour tradition, and the mystical veneration of Sophia, Divine Wisdom.

In this light, Parzival is not only a personal story of a knight’s quest, but a collective dream — a mythological effort to restore what had been lost: the feminine dimension of the soul, of God, and of the world.

Parzival’s early journey is marked by a deep psychological split. Raised in isolation by his mother, he is naïve and unconscious. When he enters the knightly world, he over-identifies with the heroic masculine: action, obedience, conquest. He achieves outer success — including marriage to Condwiramurs — but falters at the Grail Castle. There, in the presence of the wounded Grail King, he remains silent — he does not ask the question that would heal the King. This failure reflects not a moral flaw but a psychological immaturity. He is still split, unable to relate feeling and thinking, compassion and duty. He cannot yet hold consciously to what the situation brings forth and so falls silent. While he can act so decisively on the knightly field of battle, here his action is paralysed.

Parzival then enters a long period of wandering — a symbolic nigredo, in which his inability to act must be suffered. He neither gives up nor pushes forward blindly. Gradually, the opposites within him begin to relate. Only when he has developed inner receptivity and humility does he return and, finally, ask the healing question: “What ails thee, Uncle?”

In our time, the Wasteland has returned. We live amid technological achievement but spiritual hunger, community without connection, knowledge without wisdom. The lesson of Parzival is urgently modern: we must learn to hold the tension of our divided world — both within and without — until the symbol of healing arises. In our story that symbol is the Grail, and it lives in the depths of each of us, waiting to be asked the right question.

Date: Saturday, 6th September 2025
Beginning: 5:30 pm

Entrance: CHF 30; students CHF 20;
free for members

 

Tickets für LIVE-Zoom-Veranstaltung können ab 14 Tage vor der Veranstaltung gebucht werden.

 

 

 


Grosse Athena aus Marmor aus dem Giebel mit der Gigantomachie des «alten Tempels», wie er von den Peisistratiden um 525 v.Chr. renoviert wurde.

 
  

Mein Interesse und Forschungstätigkeit verbunden mit 90 Jahren Lebenserfahrung könnte ich in einer einzigen Formel zusammenfassen: 

Mensch im Kosmos, Kosmos im Menschen

Erlösung geschieht durch Erkanntwerden. Durch Erkanntwerden der innersten Natur, die in der Einheit Gottes Sinn hat. 

Mit 44 Jahren hat mir der philippinische Heiler gesagt: «Hier ist eine Frau, die nur Gott im Kopf hat.» Es brauchte einen nochmals 44 Jahre langen Weg, um vom Kopf bis ins Becken zu gelangen. Aus meiner neu gewonnenen weiblichen Sicht erkannte ich in der Schlange die Manifestation Gottes. Ich erkannte, wofür die Schlange bei allen Völkern der Welt steht. Die Kundalini brauchte nicht mehr aufzusteigen, weil ich bei ihr gelandet war.

Die Schlange kann nur durch das Weibliche erkannt werden. Durch das Weibliche, unabhängig davon, ob es in einen männlichen oder weiblichen Körper eingebettet ist. Deshalb wendete sich die Schlange an Eva in der Geschichte der Genesis. Eva hat verstanden, was die Schlange wusste, deshalb «gefiel» ihr die Frucht. Aus der Sicht des Männlichen ist das der «Sündenfall». Aus der Sicht des Weiblichen ist das der Prozess der Verwirklichung. 

Mir geht es nicht darum, das Verständnis des Männlichen mit einer feministischen Theorie zu ersetzen, sondern das Weibliche als ebenbürtige Partnerin zu zeigen. Erst dadurch erkenne ich die Schöpfung als den Ort der Verwirklichung. Durch diese Erkenntnis wird das «Ewig Neue», die weibliche Seite der Einheit ebenbürtige Partnerin des «Ewig Seienden». Erst dadurch erhält Manifestation in der Materie – Inkarnation – Sinn. Erst dadurch findet die Frau in ihren Wurzeln ihre weibliche Identität. 

Diese Erkenntnisse möchte ich Männern und Frauen, die sich um den Aufbau einer neuen Welt bemühen, mitgeben.

Ich nenne diese Arbeit des Erkennens die «Theologie der Verwirklichung».

Für den Vortrag habe ich neben Geschichten aus dem Alten Testament einige schöne Bilder aus dem reichen Schatz der Mythologie und Kunst der antiken Griechen zusammengestellt.

Datum: Samstag, 27. September 2025
Beginn: 17.30 Uhr

Eintritt: Fr. 30, Studenten Fr. 20;
für Mitglieder und stat. Gäste frei

Tickets für LIVE-Zoom-Veranstaltung können ab 14 Tage vor der Veranstaltung gebucht werden.
     

Schlange, ca. 1920. Holz, geschnitzt, bemalt, 25x2x2 cm
(Bilder des Unbewussten, 2020, S. 155)

Die grüne Holzschlange schnitzte C.G. Jung um ca. 1920 aus einem krummen Ast. Das Schlangensymbol gehört zu den zentralen Motiven im Roten Buch und spielt überhaupt eine wichtige Rolle in Jungs Werk. Die Bedeutung der Schlange erläuterte er erstmals ausführlicher in Analytische Psychologie, nach Aufzeichnung des Seminars 1925 (S. 126f.): «Die Schlange ist das Tier, aber das magische Tier. Kaum jemand hat zur Schlange eine gleichgültige Beziehung. […] Als Tier symbolisiert sie etwas Unbewusstes; […] die instinktive Bewegung oder Tendenz; sie zeigt den Weg zu verborgenen Schätzen oder sie bewacht den Schatz. Die mythologische Gestalt der Schlange ist der Drache. Die Schlange hat eine faszinierende Wirkung, eine eigenartige Anziehungskraft durch Angst. […] Die Schlange leitet die psychologische Bewegung […] vom rechten Weg ab in das Reich der Schatten, der toten und falschen Bilder, jedoch auch in die Erde, in die Verkörperlichung. […] Sie führt uns in die Tiefen, sie verbindet das Oben mit dem Untern. […] Dementsprechend ist die Schlange auch das Symbol der Weisheit.» 

Bildhaft gesprochen könnten wir Jungs Auseinandersetzung mit dem Unbewussten als Begegnung mit der Schlange bezeichnen. 

 

 
  

C.G. Jungs Leben und Werk wird dieses Jahr anlässlich seines 150. Geburtstages weltweit in vielfältiger Weise gewürdigt. Dazu gehört auch der Rückblick auf die Anfänge der Analytischen Psychologie, welche wesentlich mit seiner eigenen Auseinandersetzung mit dem Unbewussten verbunden sind. Mit der Frage «Meine Seele, wo bist du?» (Schwarzes Buch 2, S. 5), die Jung am 12. November 1913 in sein Tagebuch notierte, initiierte er einen Dialog mit dem Unbewussten. Die Frage entsprang einer seelischen Notlage, die einen Wendepunkt in seinem Leben bedeutete. In dieser Zeit entwickelte Jung die später als Aktive Imagination bezeichnete Methode, mithilfe derer sich psychische Prozesse anregen und aufdecken lassen. 

«Ich sass an meinem Schreibtisch und überdachte meine Befürchtungen, dann ließ ich mich fallen. Da war es mir, als ob der Boden im wörtlichen Sinne unter mir nachgäbe, und als ob ich in eine dunkle Tiefe sauste. Ich konnte mich eines Gefühls der Panik nicht erwehren.» So beschreibt Jung in Erinnerungen, Träume, Gedanken (2016, S. 200) den Beginn seiner Reise in die Tiefen des Unbewussten. In den Tiefen wanderte er durch innere Landschaften und führte Dialoge mit den Wesen, denen er begegnete. Seine Erfahrungen hielt er schriftlich fest, gelegentlich begleitet von Skizzen. Seine Notizen übertrug er in überarbeiteter Form in das Rote Buch, und er verarbeitet sie auch in anderen Werken. 

Es gibt visuelle Dokumente seiner inneren Erfahrungen wie Skizzen, Bilder, Holz- und Steinskulpturen. Jung wollte seine Bilder und Skulpturen ausdrücklich nicht als Kunstwerke verstanden haben. Er sah sie als symbolische Darstellungen von Inhalten des Unbewussten, die ins Bewusstsein drängten. Anhand dieser visuellen Zeugnisse, die von etwa 1915 bis Ende der 1920er Jahre entstanden sind, beleuchtet dieser Beitrag Zusammenhänge zwischen Jungs eigenem Erleben und den daraus entstandenen zentralen Konzepten und Ideen der Analytischen Psychologie.

Datum: Samstag, 4. Oktober 2025
Beginn: 17.30 Uhr

Eintritt: Fr. 30, Studenten Fr. 20;
für Mitglieder und stat. Gäste frei

Tickets für LIVE-Zoom-Veranstaltung können ab 14 Tage vor der Veranstaltung gebucht werden.
     

 
  

«Unsichtbarer Bewirker» ist eine Namensbedeutung des Hádēs, des Innerirdischen. Die polytheistischen Religionen Europas kannten einen göttlichen Bewirker aus dem Erd-Reich, wo nicht die Sonne hineinscheint. Er ist verbunden mit der irdischen Präsenz der kosmischen Göttin. Mit dem christlichen Monotheismus erschienen im Alltag der bäuerlichen und der urbanen Menschen Europas hingegen sich bekämpfende extreme Dualitäten in Natur und Mensch. 

Mit den Naturwissenschaften wurde die einschneidende Grenze dann zwischen dem scheint’s so wirkmächtigen menschlichen Bewusstsein und der Welt gezogen. 

Einige Elemente aus polytheistischen, dualistisch-monotheistischen und naturwissenschaftlichen Vorstellungswelten werden hier zusammengestellt. Es zeigt sich ein Orientierungswissen einerseits, eine Orientierungslosigkeit andererseits. Beispiele aus dem laufenden EU-Forschungsprojekt «Soilscape», bei dem der Vortragende mitwirkt, zeigen einige aktuelle Phänomene und Auswirkungen dieser Situation. 

Dr. Nikola Patzel aus Überlingen am Bodensee ist analytischer Psychologe mit Forschungsschwerpunkt «kulturelle Entwicklung von Naturbeziehung» und Umweltwissenschaftler mit Tätigkeitsschwerpunkt Boden, besonders in zahlreichen Kursen mit Bauern. Er hat Bücher geschrieben über Bodenwissenschaften und das Unbewusste (2003), Symbole im Landbau (2015) und auch als Herausgeber zu Cultural Understanding of Soils. The Importance of Cultural Diversity and of the Inner World (2023). 

Datum: Samstag, 25. Oktober 2025
Beginn: 17.30 Uhr 

Eintritt: Fr. 30, Studenten Fr. 20;
für Mitglieder und stat. Gäste frei

Tickets für LIVE-Zoom-Veranstaltung können ab 14 Tage vor der Veranstaltung gebucht werden.
     


Aquarellierte Zeichnung 1575

 

  

Paracelsus war im Sommer 1535 als Badearzt in Bad Pfäfers tätig. In der Taminaschlucht oberhalb des damaligen Dorfes Ragaz war das Bad ein Ort für Badekuren mit 36,5º C warmem Thermalwasser. Die Quelle entspringt heute noch ganz in der Nähe.

Der 42 Jahre alte Paracelsus hatte schon viele Badeorte gesehen, doch das Bad Pfäfers beeindruckte ihn so sehr, dass er diese Schrift verfasste, welche das Bad weit herum bekannt machte.

In meinem Vortrag werden wir den eindrücklichen Ort dieses Bades kennenlernen und die Umstände, wie zur damaligen Zeit die Badekuren stattfanden. Danach wird der Text selber zu uns sprechen, was Paracelsus wie folgt ankündigt: «Über das Bad Pfäfers in Oberschwyz gelegen – seine Tugenden, Kräfte und Wirksamkeit, Ursprung und Herkunft, Richtlinien und Verordnung – von dem hochgelehrten Doktor Theophrastus Paracelsus etc.» Mit dieser Beschreibung schlägt er einen grossen Bogen, und obwohl er innerhalb kurzer Zeit diesen Text verfasst hatte, finden wir darin auch viele seiner naturphilosophischen Theorien. So werden wir einem überraschenden Paracelsus begegnen, aber auch dem Arzt, welcher ganz und gar auf die kranken Menschen bezogen war.

In ausführlichen «Belehrungen» legt er seine Theorien dar, wie «geologisch» alles entstanden ist, damit Menschen von diesem heilkräftigen Wasser Linderung und Genesung erfahren dürfen. Die Elemente, ja die Natur überhaupt spielen eine wichtige Rolle in seinen Erläuterungen, und Paracelsus macht in diesem Zusammenhang spannende Aussagen zum Wirken Gottes. Im Vortrag werde ich auf diese Passagen eingehen und sie symbolisch deuten.

Datum: Samstag, 1. November 2025
Beginn: 17.30 Uhr

Eintritt: Fr. 30, Studenten Fr. 20;
für Mitglieder und stat. Gäste frei

Tickets für LIVE-Zoom-Veranstaltung können ab 14 Tage vor der Veranstaltung gebucht werden.
     
 

Perpetua, Mosaik, 4. Jh., Nordafrika
James Rendel Harris’s and Seth K. Gifford’s, The Acts of the Martyrdom of Perpetua and Felicitas: The Original Greek text, Cambridge, Deighton, Bell and Co., 1890

  

Im 2. Jahrhundert n. Chr. gab es im antiken Karthago, damals eine römische Provinz, heute Tunis, eine lebendige frühchristliche Gemeinde. Zu den Menschen, die sich von der wachsenden Kirche angezogen fühlten, gehörte auch eine junge Mutter namens Perpetua (geb. um 182 n. Chr., gest. am 7. März 203 n. Chr.), die Tochter der wohlhabenden Provinzfamilie der Vibii. Im Jahr 201 verbot der römische Kaiser Septimius Severus die Bekehrung zum Christentum oder Judentum, und zwei Jahre später setzte der Statthalter von Karthago, Hilarian, dieses Edikt durch. Perpetua und vier Begleiter wurden verhaftet. Alle fünf waren Katechumene, das heisst Menschen, die sich auf die christliche Taufe vorbereiteten und damit das kaiserliche Edikt verletzten. Vor Gericht gestellt, weigerten sie sich, ihrem Glauben abzuschwören. Damit besiegelten sie ihr Schicksal und wurden zum Tod in der Arena verurteilt. Perpetua hinterliess uns ihr Tagebuch, dessen Echtheit heute immer noch diskutiert wird. 

In ihrem Bericht aus dem Gefängnis beschreibt sie ihre Inhaftierung, ihr Leiden angesichts ihres Entschlusses, ihr Leben für den neuen Gott hinzugeben, ihren Prozess und die leidenschaftlichen, aber vergeblichen Bitten ihres Vaters, ihrer christlichen Identität abzuschwören. Der grösste Teil von Perpetuas Text handelt jedoch von ihren vier Visionen im Gefängnis. Darin sieht sie in Traumbildern ihren Eintritt in den Himmel und ihre Tortur in der Arena voraus, und sie wird mit den Leiden ihres jung verstorbenen Bruders Dinocrates konfrontiert. Marie Louise von Franz macht uns mit ihrem reichen Wissen die Symbolik der Traumbilder zugänglich. Das Erstaunliche in diesen Visionen ist, dass Texte und Bilder des werdenden Christentums denjenigen der gnostischen und sogenannt heidnischen Mysterien gleichen. Der Kampf zwischen zwei Gottesbildern spielte sich unbewusst in der Seele der jungen Frau ab. 

Kurz vor Perpetuas Märtyrertod in der Arena übergab sie ihr Tagebuch einer Vertrauensperson, die ihre Geschichte zu Ende schrieb, voller Ehrfurcht vor ihrem Mut, den Tod durch das Schwert letztlich freiwillig selbst herbeizuführen. 

Nach einer kurzen Einführung in die kulturellen und religiösen Verhältnisse der ersten Christen im antiken Karthago wenden wir uns Perpetua und ihren Visionen zu, und versuchen mit Hilfe von Marie-Louise von Franz’ Interpretationen zu verstehen, was die Geschichte der jungen Frau uns heute sagen könnte.

Datum: Samstag, 15. November 2025
Beginn: 17.30 Uhr

Eintritt: Fr. 30; Studenten Fr. 20;
für Mitglieder und stat. Gäste frei

Tickets für LIVE-Zoom-Veranstaltung können ab 14 Tage vor der Veranstaltung gebucht werden.
     

 

Themenschwerpunkt: Wir in der Natur – die Natur in uns

Unter dieses Motto liessen sich beinahe alle Themen stellen, die uns je beschäftigen, von natürlichen Alltagserfahrungen des Einzelnen bis hin zu den ganz grossen Fragen der Menschheit. Wir sind eingebettet in die unermessliche Weite der Natur und gleichzeitig findet die Natur Raum in der begrenzten Kreatur Mensch.

Wir sind Natur, jedenfalls auch Natur.

Wenn wir nach draussen in die Natur gehen, in die Wälder oder Berge, an einen Fluss oder ans Meer, kann uns die Natur in unbeschreiblicher Pracht erscheinen. Die unermessliche Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt ist schlicht hinreissend. Die Natur bringt uns zum Staunen, sie ist voller Wunder. Gerne lassen wir uns verzaubern von der Feinheit von Schmetterlingsflügeln oder der Kargheit einer rohen Felslandschaft. Beobachtungen der Natur im mikroskopischen Bereich können uns genauso mit tiefempfundener Ehrfurcht erfüllen, wie der Blick hinauf zu den Sternen im unendlichen Universum.

Welche Weisheit steckt hinter solcher Schönheit? Oder welches Geheimnis der Natur reguliert die Zyklen von Entstehen, Gedeihen, Vergehen und Wiedererblühen? 

Wir sind umgeben von Natur, und auch unser eigener Körper funktioniert nur dank scheinbar ausgeklügelten «Ideen» der Natur, die bei allen Kenntnissen der Wissenschaften längst nicht erforscht sind. Der Mensch lebt von der Natur, nährt sich von der Natur, muss ihr aber auch viel abringen, um überhaupt zu überleben. Sie schenkt ihm alles, was sie hat: Boden, Wasser, Licht, Nahrung. Aber sie kann ihm in einem Felssturz, durch Dürre, Flut oder Krankheit, auch alles wieder nehmen. Die Natur ist in dieser Hinsicht voller Grausamkeit und Ungerechtigkeit.

Die Gottesvorstellungen vieler Kulturen zeigen, dass der Mensch immer schon die Notwendigkeit gespürt hat, die Natur beziehungsweise die Götter gnädig zu stimmen. Er wusste, dass er auf Gedeih und Verderben von den göttlichen Mächten der Natur abhängig ist.

Als seelische Kraft verstanden erleben wir die Natur als die vielleicht stärkste Macht im ganzen Kosmos, im Guten wie im Schlechten. Was uns seelisch-geistig belebt und was unsere Bewusstwerdung vorantreibt, ist Natur. Ohne sie gäbe es keine Liebe und keine Wärme. Nichts Neues würde je entstehen. Jedoch machen wir auch das, was wir als Komplexe erfahren, als Dämonen, als Getriebenheit, als zerstörerische Affekte, nicht selber, auch hier ist die Natur am Werk. Sie kann auch in dieser Hinsicht Horror und Schrecken verbreiten. Deshalb könnten wir in Anbetracht der Brutalität der Natur leicht in ein Gefühl der Ohnmacht versinken. Und manchmal finden wir uns einfach nur verloren in der Natur.

So unsäglich klein und hilflos wir uns der Natur gegenüber fühlen mögen, so haben wir doch, paradoxerweise, eine unbedingt ernstzunehmende Verantwortung der Natur gegenüber, womit alle erdenklichen Aspekte des sogenannten Umweltschutzes angesprochen sind, aber genauso die Ethik inneren Erfordernissen der Seele gegenüber.

Das Motto dieses Semesters könnte auch lauten «Wie nähern wir uns der Göttin Natur?». Es käme so eine Einstellung zum Ausdruck, die eine religiöse Bezogenheit auf die Natur für zentral erachtet. Wir würden spüren, dass es an uns selbst liegt, eine adäquate Beziehung zur Natur zu suchen. Vielleicht sogar, dass es darauf ankommt, ob und wie wir die Göttin Natur befrieden können.

Im weitesten Sinn befassen sich alle Vorträge im Herbst 2025 mit der Beziehung des Menschen zur Natur, zur äusseren biologischen Natur oder zur inneren, psychischen Natur. Das Motto wurde allerdings nicht vorgegeben, es hat sich vielmehr aus den Ausschreibungstexten der Referenten herauskristallisiert.

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Robert Matthews beginnt das Herbstsemester 2025 mit einem auf Englisch gehaltenen Vortrag über den Parzival-Mythos. Parzival von Wolfram von Eschenbach entstand in einer Zeit, in welcher das weibliche Prinzip – und damit die Natur überhaupt – zu einer gewissen Geltung kommen konnte. Das aufgrund der Institutionalisierung der Kirche vorherrschende hierarchische, auf Macht und Kontrolle fokussierte Denken, wurde, zumindest eine Zeit lang, durch eine Verehrung des Weiblichen ergänzt. 

Agnes Hidveghy kündet bereits in ihrem Titel «Erlösung der Schlange» an, worum es im Grunde bei der Frage nach der äusseren und inneren Natur geht: Die uns oft unheimlich anmutende Naturgewalt des Unbewussten, repräsentiert in der Schlange, will anscheinend vom Menschen erkannt werden.

Denise Rudin präsentiert in ihrem Vortrag einen Teil ihrer Recherche zu C.G. Jungs Reise ins Unbewusste, so wie sie in Jungs Skizzen, Bildern und Skulpturen dokumentiert ist. Jung sah sich – von seiner inneren Natur – gedrängt, diesen Weg zu gehen. Später, in seinem weiteren Leben, führte er seine inneren Erfahrungen in seinem immensen wissenschaftlichen Gesamtwerk zur differenzierten Realisierung. Selbst bei dieser kaum zu ermessenden menschlichen Anstrengung war er von der Natur getragen, vom geistigen Aspekt der Natur.

Nikola Patzel, der sowohl Umweltwissenschafter als auch analytischer Psychologe ist, schlägt in seinen Arbeiten einen grossen Bogen: Bei ihm ist Natur nie nur aussen oder nur innen. Seine Ausführungen fussen einerseits in seiner praktischen Erfahrung bei landwirtschaftlichen Forschungsprojekten und andererseits in der Tiefenpsychologie.

Ursula Nussbaumer befasst sich schon seit vielen Jahren mit Paracelsus, jenem Arzt und Alchemisten, bei dem die Begriffe der inneren und äusseren Natur manchmal in rätselhafter Art und Weise kombiniert und sehr oft auch neu erfunden werden.

Katharina Bona erläutert Stationen der christlichen Märtyrerin Perpetua aus dem 2. Jahrhundert. Die Natur meldete sich auch hier und schenkte der jungen, zum Tod verurteilten Frau eindrückliche Visionen. Ein bedeutender Kampf zwischen zwei Gottesbildern spielte sich in ihrem Unbewussten ab. Und wenn wir uns diese Visionen als Kompensation zu ihrem unvorstellbaren Leiden auffassen – würden sie nicht zuletzt einen gnädigen Aspekt der Natur darstellen.

Juli 2025, Irene Gerber

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